Mythos Patagonien

Hühnerauge_TorresDelPaineDen Menschen reizt das Unbekannte. Doch stetig werden mehr Lebensräume unseres Planeten von Zivilisation erschlossen und so erfreuen sich exotische, abgelegene Regionen immer größerer Beliebtheit. Dahin reisen, wo zuvor noch niemand war. Und wo ginge dies besser als in Patagonien?

Irgendwo zwischen Flüssen, Küsten und Gebirgen liegt eine Region, dessen Name bei vielen zunächst die Frage aufwirft: Wo genau liegt Patagonien eigentlich? Die Antwort: In Südamerika. Da es eben kein eigenständiges Land mit exakten Grenzen ist, gibt es nur ungefähre Punkte, die beschreiben sollen, wo sich Patagonien befindet und wo nicht. Im Norden, unterhalb des 38. Breitengrades und der Flüsse Río Bío Bío in Chile und Río Negro in Argentinien, ist bereits „patagonisches“ Territorium. Es herrscht jedoch Uneinigkeit darüber, ob es nördlich der Magellanstraße endet oder darüber hinaus geht. So manches Mal wird nämlich auch Feuerland dazu gezählt. Eine Betrachtung der naturräumlichen Gegebenheiten lässt erahnen, warum das Tierra del Fuego im gleichen Atemzug mit der Begrenzung gen Süden genannt wird: Eine zerklüftete Gegend, die durch die Strichführung von Fjorden und Kanälen gezeichnet ist.

Worin genau der Mythos Patagoniens besteht, wird bei einem Blick auf die Zahl der knapp 500.000 Menschen, die hier leben, nicht sofort ersichtlich. Jedoch liegt der Grund dafür relativ schnell auf der Hand, werden die Umstände für die dünne Besiedlung betrachtet. Die Topographie Patagoniens ist genauso gnadenlos wie sie grandios ist. Die dicht bewachsenen Wälder der atlantischen und pazifischen Küsten teilen sich das Gelände mit ausgedehnten Steppen im Innenland. Riesige Gebirge mit schroffen schneebedeckten Gipfeln schwingen sich mächtig und grazil zugleich durch die Szenerie während sich vor ihnen bläulich schimmernde Gletscher auftürmen, deren Eismassen immer wieder mit einem Getose in die vor ihnen liegenden Seen stürzen. Eine geradezu verführerische Mischung, die einen unvergleichlichen Reiz ausmacht.

Wie es Ferdinand Magellan, der das Gebiet 1520 entdeckte, ergangen sein muss, lässt sich leicht nachempfinden, besonders auf einer Mietwagenreise durch Patagonien. So ist es einem erlaubt je nach Belieben einfach zu stoppen. Hinter jeder Kurve, jedem Hügel verbirgt ein weiterer Landstrich, der einen in Staunen versetzt. Am „Ende der Welt“ herrschen unendliche Weiten, die eine unbändige Kraft verströmen. Schöner lässt sich Leere nicht vorstellen.

Die landschaftlichen Dimensionen, die in Patagonien wie eine Selbstverständlichkeit daherkommen, sind für das ungeübte Auge schlichtweg überwältigend. Die Stille wird oftmals nur durch den Wind gebrochen oder durch die Rufe des Kondors, der durch die Lüfte gleitet. Sein Lebensraum sind die Anden, welche das Areal in West- und Ostpatagonien teilen. Eine Besonderheit, denn der westliche Teil gehört zu Chile während der östliche zu Argentinien zählt. So besteht über Ländergrenzen hinweg ein einheitlicher Raum, der von purer Wildnis geprägt ist. Naturliebhaber kommen nicht nur auf ihre Kosten, sondern erfahren hier die Reinheit von Mutter Erde. Nicht nur auf Bildern, die eine Reise hierher bewerben sollen, sieht es traumhaft aus. Sie sind ein Spiegel der Realität. Die Authentizität, die an jeder Ecke zu finden ist, ist der Grund für die stetig wachsende touristische Beliebtheit.

Die Abenteuerlust gewinnt spätestens dann die Oberhand, wenn der erste Schritt auf patagonischem Boden getan wurde. Das hektische Leben der Zivilisation wird hier weit hinter sich gelassen. Eine Wirkung, die vor allem für den westlichen Urlauber eine unfassbare Faszination ausmacht. Jeder Millimeter der Fläche Patagoniens strotzt vor Anmut und einer Eleganz, die ihresgleichen sucht.

Bildquelle: Flickr.com – Hühnerauge (Torre Del Paine, Patagonien), CC BY 2.0