Die Algarve, die südlichste Region Portugals, verbinden viele Menschen oft mit Assoziationen einer atemberaubenden Steilküste mit traumhaften Sandstränden in einsamen Buchten, mit kleinen, sehr malerischen Fischerdörfchen, mit den Bildern von Fischern mit von Wind und Sonne gegerbten Gesichtern in bunten Holzbooten, mit dem Duft von gegrilltem Fisch und den Klängen von melancholischen Fado-Melodien. Um die Wahrheit zu sagen: die Algarve hat all das – und noch viel mehr.
Die Reize der Region Algarve, die nur etwa 150 km in west-östlicher und etwa 50 km in nord-südlicher Richtung misst, sind zahlreicher und vielfältiger, als die der allermeisten anderen Regionen der Welt. Die Attraktionen des ganzjährig sehr angenehmen, verträglichen, vom Atlantik bestimmten Klimas mit Europas meisten Sonnentagen und die sehr unterschiedlichen Landschaften zwischen Atlantikküste und dem bis zu 900 m hohen Monchique-Gebirge im Hinterland haben bereits in der Vergangenheit sehr anziehend auf Menschen und Herrscher unterschiedlicher Herkunft gewirkt. Diese Voraussetzungen wurden auch zur Basis für eine äußerst reiche Geschichte und Kultur.
Es gibt sehr viele Orte an der Algarve, die Besucher gesehen haben sollten. Die nachfolgenden fünf Orte sind ausgewählt, um einen Eindruck der Schönheit und Vielfalt der Algarve erlebbar zu machen. Diese fünf Orte sollen eine kleine erste „Prise Algarve“ vermitteln, die in Aufenthalten von einer Woche oder mehr bequem von nahezu jedem Standort in der Region aus „erreist“ werden können. Unsere Auswahl berücksichtigt sehr populäre Orte ebenso wie weniger bekannte Plätze. Sie ist von Osten nach Westen aufgeführt.
Tavira – Eine kleine Fischerstadt am Rande der Ria Formosa mit großer Geschichte
Die Kleinstadt Tavira mit rund 25.000 Einwohnern liegt am Ostrand der Lagune, die heute als Naturpark Ria Formosa (Parque Natural da Ria Formosa) große Bedeutung für den Süden Portugals hat. Die Ursprünge von Tavira gehen auf die Phönizier und Karthager zurück. Aus dem 4. Jahrhundert v. Christus stammt eine in der Nähe entdeckte Inschrift, die einen Hinweis auf eine griechische Kolonie liefert. Römer, Mauren und Marokkaner hinterließen ihre Spuren in der Anlage und Architektur der Stadt.
Ihren größten Reichtum erwirtschafteten sich die Bewohner von Tavira durch den Import eines beträchtlichen Teils der aus den portugiesischen Kolonien eingeführten Waren. Der Hafen der Stadt wurde im 16. Jahrhundert zum wichtigsten Hafen der Algarve. Aus dieser Zeit stammt die Misericordi-Kirche, die besonders reich mit Azulejos, farbigen portugiesischen Kacheln, ausgestattet ist. Im 17. Jahrhundert lebte Tavira zu einem guten Teil vom Handel mit Wein, Salz, Trockenfrüchten und Dörrfisch. In den letzten 100 Jahren haben der Fischfang – besonders der Fang und die Verarbeitung von Thunfisch – und der Fremdenverkehr die überragenden Rollen im wirtschaftlichen Leben der Stadt übernommen. Unsere Tipps: Lassen Sie sich nicht einen Ausflug in die Ria Formosa und einen Besuch in der früheren Thunfischfangstation – jetzt sehenswert umgebaut in ein Hotel – entgehen!
Ilha da Culatra – Eine fast vergessene Insel
Die Ilha da Culatra oder auch Ilha do Farol liegt etwa 3 Kilometer vor der Küste der Algarve. Das kleine Eiland ist die Heimat von etwa 1000 Bewohnern und der Standort eines rund um die Uhr besetzten Leuchtturms (Portugiesisch: Farol). Auf dieser kleinen Insel scheint die Zeit still gestanden zu sein. Keine asphaltierte Straße und keine Autos, nur eine Anlegestelle für die regelmäßig nach Olhão verkehrende Fähre und die Taxi-Boote, die auf Anforderung für etwa 25-30 Euro pro Bootsladung Besucher zwischen Festland und Insel hin und her transportieren. Kein Hotel und keine Pension, und auch alle anderen Errungenschaften der Tourismusindustrie haben es – Gott sei Dank – noch nicht bis auf diese fast vergessene Insel geschafft. Sehr sehenswert, besonders für Menschen, die mit Entschleunigung und dem Eindruck einer Algarve von vor 50 Jahren etwas anfangen können. Unser Tipp: Der kilometerlange Sandstrand der Insel ist einfach umwerfend!
Loulé – Shopping, Kunst- und Markt-Treiben der bunten Art
Mit mehr als 24000 Einwohnern zählt die Stadt Loulé zu den größeren Orten der Algarve.
Funde belegen, dass die Ursprünge der Siedlung auf die Altsteinzeit zurück gehen. Phönizier, Karthager, Römer und Mauren nutzten und erweiterten die Anlagen der Stadt. Bereits 1266 verlieh König D.Afonso III. Loulé Stadtrechte.
Sehenswürdigkeiten in Loulé und Umgebung sind u.a. die Villa von Vilamoura aus der Zeit der Römer, das Castelo de Loulé, die Igreja Matriz da São Clemente, die Kapelle Nossa Senhora da Piedade und die Neo-maurische Markthalle.
Ganz besonders herausragend und sehenswert ist das Leben von Loulé, das sich rund um das Stadtzentrum und die Markthalle angesiedelt hat. Das bunte Treiben, das nicht nur an jedem Samstag – dem Markttag der Stadt – Händler, Gaukler, Musiker, Künstler und Tausende von Besuchern in die Stadt zieht, ist legendär. Der Karnevalsumzug, verschiedene Musikfeste, Messen, kirchliche Prozessionen haben mit sehr bunten Bildern das lebhafte Städtchen Loulé über die Grenzen Portugals hinaus bekannt gemacht. Unser Tipp: Verpassen Sie nicht einen Samstag, den Markttag, in Loulé!
Ferragudo – ein Fischerdorf wie gemalt
Das Fischerdorf Ferragudo scheint die Vorlage für alle Klischees zu sein, die Mitteleuropäer von der Algarve haben. Die Kleinstadt liegt mit ihren knapp 2.000 Einwohnern rund um einen Hügel an der Mündung des Rio Arade zum Atlantik. Auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses, der früher die strategische Verbindung in die Herrscherstadt Silves darstellte, liegt Portimão, die zweitgrößte Stadt der Algarve.
Während Ferragudo seine Beschaulichkeit kaum verloren bzw. aufgegeben hat, hat sich Portimao sehr deutlich entwickelt: mit einem Hafen, der gerne und regelmäßig große Kreuzfahrtschiffe aufnimmt und hohen Bauten, die Wirtschaft und Handel beherbergen.
Diese beiden Welten der Algarve, die nur wenige Boots- oder Autominuten auseinander liegen, nutzen Ferienbewohner von Ferragudo gerne zum Shoppen und Essen gehen.
Ferragudo hat sich in den vergangenen zehn Jahren fast unmerklich zu einem Magnet entwickelt – nicht nur für Urlauber, sondern auch für kleine Unternehmen, die ihre Dienstleistungen rund um Atlantik, Küste und Strand anbieten. So ist die Straße an der Bootsanlegestelle direkt am Rio Arade auch der Standort für das junge Unternehmen „wildwatch Algarve“, das faszinierende Touren zu Delfinen u.ä. veranstaltet – wahre Höhepunkte von Aufenthalten an der Algarve! Unser Tipp: Besuchen Sie den Strand von Ferragudo am Fortaleza de São Joã, auch Castelo de São João de Arade genannt!
Cabo de São Vicente – imposant und sehenswert
Portugal zählte seit dem 15. Jahrhundert zu den mächtigsten und einflussreichsten Staaten der Welt. Diese Bedeutung begründeten zu wesentlichen Teilen Heinrich der Seefahrer und seine Navigatoren, die häufig an der Algarve ausgebildet wurden. Viele der größten Entdeckungsfahrten von Vasco da Gama und seiner Zunft begannen und endeten in Lagos und Sagres, ganz im Südwesten des europäischen Kontinents.
Im äußersten Südwesten liegt das Cabo de São Vicente, das hoch über den Wogen des Atlantik thront. Wer von diesem Punkt aus nach Westen blickt, sieht – scheinbar kurz vor Amerika –, wie sich Himmel und Atlantik verbinden. Und in diesen Momenten können wir versuchen uns vorzustellen, welche Mächte von den Entdeckern und Seefahrern zu überwinden waren, um zu anderen Kontinenten zu gelangen.
Auf der Steilküste drohnt eine Festung, die Ziel zahlreicher Ausflügler ist, obwohl von der einstigen Pracht und Geschichte des Bauwerks nicht mehr viel zu sehen ist. Ein in die Festung erbauter Leuchtturm gilt als der lichtstärkste Europas.
Unser Tipp: Genießen Sie die beeindruckende Felsenküste bei einer Wanderung auf der Rota Vicentina bzw. der Via Algarviana. Es erwarten Sie unvergessliche Eindrücke!
Zum Autor:
Alexander Kroll war zum ersten Mal vor 34 Jahren an der Algarve. Der Jurist, Luftverkehrskaufmann und Journalist hat seither die Algarve und die Algarvianos ganz in sein Herz geschlossen. Er veröffentlicht gemeinsam mit einem kleinen Team unter anderem das Weblog „Algarve für Entdecker“ (Link: http://algarve-entdecker.com).
Bildquelle: Flickr.com – Pepe Martin (Mário José Martins) (Algarve 36), CC BY 2.0